Glossar
Der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin repräsentiert die Bundesrepublik Deutschland als Staatsoberhaupt. Er oder sie vertritt das Land nach außen und ernennt die Regierungsmitglieder, die Richter und Richterinnen sowie die hohen Beamten und Beamtinnen. Per Unterschrift setzt er oder sie die Gesetze in Kraft. Der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin entlässt die Regierung und darf, wie im Sommer 2005 geschehen, das Parlament in Ausnahmefällen vorzeitig auflösen. Ein Vetorecht, wie es das US-amerikanische und andere Staatsoberhäupter gegen Gesetzesbeschlüsse der parlamentarischen Körperschaften besitzen, gesteht das Grundgesetz dem Amt nicht zu. Der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin bestätigt zwar die parlamentarischen Beschlüsse und die Personalvorschläge der Regierung. Geprüft wird aber nur ihr korrektes Zustandekommen nach den Vorschriften des Grundgesetzes.
Der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin übt das Amt über eine Periode von fünf Jahren aus und kann für eine weitere Periode wiedergewählt werden. Die Wahl erfolgt durch die Bundesversammlung. Diese besteht zum einen aus den Mitgliedern des Bundestages und zum anderen aus einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Parlamenten der 16 Länder gewählt werden.
Der deutsche Bundesstaat ist ein komplexes Gebilde. Er besteht aus der zentralstaatlichen Ebene des Bundes und 16 Ländern. Das Grundgesetz legt fest, welche Angelegenheiten vom Bund und welche von den Ländern wahrgenommen werden. Insofern ähnelt das bundesstaatliche System Deutschlands dem anderer Bundesstaaten. Das öffentliche Leben Deutschlands fußt maßgeblich auf den Bundesgesetzen. Die Bürgerinnen und Bürger hingegen haben es – nach dem Subsidiaritätsprinzip – fast ausschließlich mit Landesbehörden oder mit kommunalen Verwaltungen zu tun, die im Auftrag der Länder handeln. Der Grund dafür liegt im Bemühen des Grundgesetzes, die Vorteile des Einheitsstaates mit denen des Bundesstaates zu kombinieren. Die Bürger anderer Bundesstaaten begegnen in ihrem Alltag weit häufiger Vertretern der Bundesbehörden.
Das Grundgesetz verlangt die Vergleichbarkeit der Lebensverhältnisse in ganz Deutschland. Diese Lebensverhältnisse werden wesentlich von der Wirtschafts- und Sozialpolitik bestimmt. Die Finanzverfassung Deutschlands enthält den Ländern nennenswerten Spielraum zur Finanzierung ihrer Aufgaben vor. Alle ertragreicheren Steuern werden als Bundesgesetze beschlossen, die jedoch der Zustimmung der Ländervertretung – des Bundesrates – bedürfen. Ein Teil dieser Steuern fließt allein an den Bund oder an die Länder, ein anderer Teil, darunter die besonders ergiebigen Steuern, werden zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Insoweit ähnelt der deutsche Bundesstaat einem Einheitsstaat. Dennoch kontrollieren die Länder den Großteil der gesamtstaatlichen Verwaltungskapazität. In der deutschen Verwaltung herrschen also föderalistische Elemente vor. Die Länderverwaltungen führen zum einen die jeweiligen Landesgesetze aus. Sie exekutieren darüber hinaus die meisten Bundesgesetze. Durch die Fülle der den Ländern vom Bund übertragenen Aufgaben mussten sich in der Vergangenheit viele Länder in hohem Maße verschulden. 2009 wurde eine Verfassungsänderung beschlossen, die ihnen ab 2020 weitere Kreditaufnahmen verbietet und die erlaubte Neuverschuldung des Bundes ab 2016 – mit einem Vorbehalt für wirtschaftliche Krisensituationen – auf maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt (Schuldenbremse).
Drei gesamtstaatliche Aufgaben erfüllen die Länder im Übrigen ganz in eigener Regie: die Angelegenheiten der Schulen und Hochschulen, die innere Sicherheit, darunter die Polizei, sowie die Ausgestaltung der kommunalen Selbstverwaltung. Die Länder finden in den weit gefassten Mitwirkungsrechten des Bundesrates einen Ausgleich für den Vorrang des Bundes in der Gesetzgebung.
Das Bundesverfassungsgericht ist eine charakteristische Institution der deutschen Nachkriegsdemokratie. Es wurde vom Grundgesetz mit dem Recht ausgestattet, demokratisch korrekt zustande gekommene Gesetzesbeschlüsse außer Kraft zu setzen, wenn es zu der Feststellung gelangt, dass sie gegen das Grundgesetz verstoßen. Das Verfassungsgericht wird nur auf Antrag tätig. Der Kreis der Klageberechtigten umfasst die Bundesorgane Bundespräsident/-in, Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung oder deren Teile – Abgeordnete oder Fraktionen – sowie Landesregierungen. Das Verfassungsgericht wird im „Verfassungsstreit“ zum Schutz der im Grundgesetz garantierten Gewaltenteilung und des Bundesstaates aktiv. Um auch einer parlamentarischen Minderheit die Anrufung des Verfassungsgerichts zu ermöglichen, genügt ein Drittel der Mitglieder des Bundestages, um Klage gegen eine Rechtsnorm zu erheben („abstrakte Normenkontrollklage“).
Das Grundgesetz legitimiert auch die einzelnen Bürger und Bürgerinnen zur „Verfassungsbeschwerde“, wenn sie sich durch das Handeln einer Behörde in ihren Grundrechten verletzt sehen. Schließlich ist jedes deutsche Gericht verpflichtet, mit einer „konkreten Normenkontrollklage“ an das Verfassungsgericht heranzutreten, wenn es ein Gesetz für verfassungswidrig hält. Das Bundesverfassungsgericht hat das Monopol auf die Verfassungsauslegung für die gesamte Gerichtsbarkeit.
Das Grundgesetz bindet die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Staatsverwaltung an Recht und Gesetz. Besondere Bedeutung besitzt der Artikel 1 des Grundgesetzes. Er postuliert als höchstes Gut der Verfassungsordnung den Respekt vor der Menschenwürde: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Die weiteren Grundrechte garantieren unter anderem die Freiheit des Handelns im Rahmen der Gesetze, die Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz, die Presse- und Medienfreiheit, die Vereinigungsfreiheit sowie den Schutz der Familie
Das Grundgesetz bestimmt Deutschland als Rechtsstaat: Alles Handeln staatlicher Behörden unterliegt der richterlichen Kontrolle. Ein weiteres Verfassungsprinzip ist der Bundesstaat, das heißt die Aufteilung der Herrschaftsgewalt auf eine Reihe von Gliedstaaten und auf den Zentralstaat. Schließlich definiert das Grundgesetz Deutschland als einen Sozialstaat. Der Sozialstaat verlangt, dass die Politik Vorkehrungen trifft, um den Menschen auch bei Erwerbslosigkeit, Behinderung, Krankheit und im Alter ein menschenwürdiges materielles Auskommen zu gewährleisten. Eine Besonderheit des Grundgesetzes ist der so genannte „Ewigkeitscharakter“ dieser tragenden Verfassungsgrundsätze. Die Grundrechte, die demokratische Herrschaftsform, der Bundesstaat und der Sozialstaat dürfen auch durch spätere Änderungen des Grundgesetzes oder durch eine komplett neue Verfassung nicht angetastet werden.